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Niklas Fröhlich
(DFG-finanzierter Kollegiat 4/2019–9/2022)


Raum: L.11.17
Telefon: 0202 - 439 5203
E-Mail: niklas.froehlich[at]hhu.de
Anschrift:
Bergische Universität Wuppertal
Fakultät für Geistes- und Kulturwissenschaften
Gaußstraße 20
42119 Wuppertal

Forschungsprojekt


 

Kompilationen, Kürzungen, Kontinuationen – Das Ende der Antike im „Steinbruch“ der Handschriften

Im Jahr 380/81 übersetzte der Kirchenvater Hieronymus die Weltchronik des Eusebius aus dem Griechischen ins Lateinische. Er beließ es jedoch nicht bei einer bloßen Übersetzung: Er veränderte die Form (z.B. durch Gebrauch von Farbigkeit), fügte zahlreiche Einträge hinzu und setzte die Chronik zuletzt bis in die eigene Zeit fort. Dieses Beispiel machte gewissermaßen Schule: über die nächsten vier Jahrhunderte hinweg - die gesamte Spätantike hindurch bis weit ins frühe Mittelalter - ist das Werk des Eusebius/Hieronymus in lebendiger Tradition bearbeitet, fortgesetzt und in der Überlieferung mit anderen Teilen neu zusammengefügt worden.

Nachdem diese Chronistik wegen ihres vermeintlich subliterarischen Charakters lange Zeit von der Forschung vernachlässigt worden war, hat die Gattung in den letzten Jahrzehnten zunehmend Beachtung als entscheidende Quelle der „Transformationsepoche“ zwischen Antike und Mittelalter gefunden. Im Schatten der größeren „Werke“ (Hydatius, Prosper etc.) sind die zahlreichen kleineren, meist anonymen Bearbeitungen, Annotationen, Kontinuationen und Epitomen dabei bislang wenig beachtet worden. Gerade an ihnen zeigt sich jedoch ganz konkret die weit verbreitete und nicht auf einige größere „Werke“ beschränkte Praxis des lebendigen Gebrauchs der Gattung, der sich regelrecht in jedem handschriftlichen Exemplar manifestiert.

Auf methodischer Ebene stehen wir hier vor einer Reihe von Herausforderungen: Zuerst sind die genannten handschriftlichen Exemplare aus der Spätantike selbst in der Regel nicht erhalten. Wir müssen auf der Suche nach solchen spätantiken Textstufen vielmehr in wesentlich späterer, kopialer Überlieferung regelrecht graben und sie aus dem „Steinbruch der Handschriften“ herausbrechen. Dies gilt es kritisch zu reflektieren, die Befunde stärker an ihren realen Überlieferungskontext rückzubinden und aus diesem heraus zu verstehen
Zweitens ist dieser Kontext gerade wegen der genannten Problematik umso mehr in der Edition abzubilden und damit der urteilenden Betrachtung des Nutzers zugänglich zu machen. Es ist dabei zu fragen, wie einerseits der konkrete Gebrauchscharakter der (z.T. rekonstruierten) spätantiken Form, zugleich aber auch die reale Form sachgerecht abgebildet werden kann.
Zuletzt gilt es, den eigentlichen Kern der Tradition, die chronistische Praxis, zu erschließen: In welchem Verhältnis steht eine jeweilige Schicht zu ihren Vorlagen? Was wurde geändert, was gestrichen, was hinzugefügt? Was ist als eigene Leistung, mithin „Werk“, der jeweiligen Kopisten und Benutzer zu verstehen? Hier bedarf es eines Modells zur Sichtbarmachung und Kategorisierung der textuellen Genese gerade auch unter Berücksichtigung der jeweiligen Ausgangstexte.

Ziel der Dissertation ist also nicht nur ein Beitrag zur Erforschung der spätantiken Chronistik im Speziellen, sondern auch weitergehende Reflexion über die Herausforderungen und Limitationen der Edition „lebendig“ gebrauchter Texte. Ausdrücklich soll hier eine stärkere Betonung des Wertes von Überlieferungsprozessen sowie einzelnen Handschriften gerade auch in historischer Perspektive theoretisch begründet und exemplarisch aufgezeigt werden: Gerade auf dieser Ebene eröffnet sich hier nämlich ein gänzlich ungewohnter Blick auf das lange Ende der Antike und ihren Weg ins Mittelalter.

Biographie


  • 2010–2015: Kombinatorischer Bachelor of Arts: Klassische Philologie (Latein) und Geschichte an der Bergischen Universität Wuppertal.
  • 2014–2017: Master of Arts: Geschichte an der Bergischen Universität Wuppertal.
  • 2015–2019: Wissenschaftliche Hilfskraft am Lehrstuhl für Alte Geschichte (Prof. Armin Eich).
  • 2015–2016: Erasmus-Auslandssemester an der Università Cattolica del Sacro Cuore Mailand.
  • 2016–2018: Master of Education: Geschichte, Klassische Philologie und Bildungswissenschaften an der Bergischen Universität Wuppertal.
  • 2016-2019: Wissenschaftliche Hilfskraft im Graduiertenkolleg "Dokument - Text - Edition".
  • 2018-2019: (Sommer- und Wintersemester) - Lehraufträge für die Arbeitseinheit Alte Geschichte im IPS (Integriertes Proseminar) an der Ruhr-Universität Bochum.
  • 2018-2019: Stipendiat der Graduiertenförderung der Bergischen Universität Wuppertal.

  • Seit April 2019: Wissenschaftlicher Mitarbeiter im Graduiertenkolleg „Dokument – Text – Edition“ an der Bergischen Universität Wuppertal.

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