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Antje Wulff

 

E-Mail: antje.wulff[at]uni-wuppertal.de

Forschungsprojekt


 

Merz zwischen System und Chaos. Komplexität und nichtlineare Dynamik in Kurt Schwitters’ Kunst

Seit 1919 stellte der hannoversche Avantgarde-Künstler Kurt Schwitters (1887–1948) die Gesamtheit seines Schaffens unter die Bezeichnung ‚Merz‘. Das so benannte Kunstkonzept gründet auf der Verwendung jeglichen Materials zur künstlerischen Gestaltung und auf der Überschreitung traditioneller ästhetischer und medialer Kategorien einschließlich der Grenze Kunst/Nicht-Kunst.

Mein Dissertationsprojekt untersucht Merz auf Basis der Systemtheorie Niklas Luhmanns und benachbarter komplexitätstheoretischer Ansätze. Merz lässt sich unter dieser Perspektive als dynamisches System beschreiben, das als Subsystem des zeitgenössischen Kunstsystems entsteht. Zu seinen Spezifika gehört – so die These – ein ins Extreme gesteigerter Komplexitätsaufbau auf System- und Einzelwerkebene. Systeme bauen organisierte Komplexität auf, welche in dynamischem Wechselverhältnis zu einer chaotischen Komplexität als Zustand von Potenzialität und Kontingenz steht. Auf den letztgenannten Pol bewegt sich Merz in zweierlei Hinsicht zu, nämlich durch Selbst- und durch Fremdreferenz: Zum einen resultiert aus der permanenten Beobachtung und Beschreibung der eigenen Schaffensprozesse eine rekursiv verknüpfte, nichtlineare Systemdynamik; zum anderen führt die umfassende Inkorporation von Informationen aus der Umwelt in letzter Konsequenz auf das Paradox eines systeminternen Abbilds der Welt hin. Ziel der Arbeit ist es, Entwicklung und Funktionen solcher Chaotisierungsprozesse herauszuarbeiten und dadurch den Blick auf das Reflexionspotenzial der Merzkunst zu lenken. Denn diese erweist sich insofern als Schule der Beobachtung, als sie die Kontingenz allen Beobachtens offenlegt und gleichwohl demonstriert, dass und wie Ordnungen auch als dynamische Stabilitäten an der Grenze zwischen Struktur und Chaos möglich sind.

Für die wissenschaftliche und editorische Bearbeitung als Beobachtung von Merz ergibt sich aus diesem Befund eine Doppelperspektive: Die Umweltreferenzen des Systems lassen sich identifizieren und im Sinne einer polykontexturalen Analyse erschließen, zugleich muss jedoch die systemimmanente Dynamik, die spezifische Operationsweise von Merz offengelegt werden. Das erfordert den Wechsel auf eine Metaebene, wie sie für alles Edieren vorauszusetzen ist, das sich der perspektivischen Relativität seiner selbst bewusst sein will. Insbesondere für die Strukturierung der digitalen Kurt Schwitters-Edition können und sollen die Ergebnisse der Analyse fruchtbar gemacht werden.

Biographie


  • seit 02/2017: Assoziierte Kollegiatin am DFG-Graduiertenkolleg 2196: „Dokument ‒ Text ‒ Edition"
  • 03/2016–02/2019: Wissenschaftliche Mitarbeiterin im Projekt „Kurt Schwitters’ intermediale Netzwerke der Avantgarde – Die Reihe Merz (1923–1932) und Merz-Drucksachen“, Bergische Universität Wuppertal [https://www.avl.uni-wuppertal.de/forschung/projekte/kurt-schwitters-die-reihe-merz.html]
  • 02/2015–07/2015: Wissenschaftliche Sachbearbeiterin in der Kurt und Ernst Schwitters Stiftung, Hannover
  • 08/2014–02/2015: Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl von Prof. Dr. Ursula Kocher, Bergische Universität Wuppertal
  • 04/2014–07/2014: Wissenschaftliche Sachbearbeiterin in der Kurt und Ernst Schwitters Stiftung, Hannover
  • 07/2010–03/2014: Wissenschaftliche Mitarbeiterin im Projekt „Wie Kritik zu Kunst wird. Kurt Schwitters’ Strategien der produktiven Rezeption“, Bergische Universität Wuppertal [http://www.avl.uni-wuppertal.de/forschung/projekte/wie-kritik-zu-kunst-wird.html]
  • 2006–2009: Studium des Masterstudiengangs Editionswissenschaft, Freie Universität Berlin
  • 1997–2005: Studium der Germanistik und Anglistik, Universität Trier und University of Essex (Großbritannien)

Publikationen


 

Mitarbeit an Editionen

  • Kurt Schwitters. Die Sammelkladden 1919–1923. Hgg. v. Ursula Kocher, Isabel Schulz, Kurt und Ernst Schwitters Stiftung in Kooperation mit dem Sprengel Museum Hannover, bearbeitet von Julia Nantke und Antje Wulff. Berlin: Akademie/De Gruyter 2014 (= Kurt Schwitters: Alle Texte; 3).
  • Kurt Schwitters. Die Reihe Merz 1923–1932. Hgg. v. Ursula Kocher, Isabel Schulz, Kurt und Ernst Schwitters Stiftung in Kooperation mit dem Sprengel Museum Hannover, bearbeitet von Annkathrin Sonder und Antje Wulff unter Mitarbeit von Carmen Prüfer. Berlin, Boston: De Gruyter 2019 (= Kurt Schwitters: Alle Texte; 4). Open Access: www.degruyter.com/viewbooktoc/product/510528

Aufsätze

  • „Ein zartes Gewebe von Fäden“ – Sinn als Form bei Schwitters. In: Transgression und Intermedialität. Die Texte von Kurt Schwitters. Hgg. v. Walter Delabar, Ursula Kocher und Isabel Schulz. Bielefeld: Aisthesis 2016 (= Moderne-Studien; 20), S. 153–168.
  • „Allem Krummen, Kleinen, Kaffrigen feind sein“? Hannoversche Kunstzeitschriften. In: RevonnaH. Kunst der Avantgarde in Hannover 1912–1933. Ausst.-Kat. Sprengel Museum Hannover. Hgg. v. Karin Orchard. Köln: Snoeck 2017, S. 217f.
  • „Hier ist ernste Gefahr vorhanden.“ Zur Rezeption der ‚neuen Kunst‘ in Hannover. In: RevonnaH. Kunst der Avantgarde in Hannover 1912–1933. Ausst.-Kat. Sprengel Museum Hannover. Hgg. v. Karin Orchard. Köln: Snoeck 2017, S. 223f.
  • Theater unter anderen Vorzeichen. Kurt Schwitters’ Feste und Revuen. In: „Schlagkraft der Form“. Kurt Schwitters. Theater und Typografie: Hgg. v. Isabel Schulz. Hannover: RevonnaH Verlag, 2018 (= Prinzenstraße. Hannoversche Hefte zur Theatergeschichte; 17), S. 103–130.
  • Schwittersʼ verlegerische Tätigkeiten. In: Kurt Schwitters. Die Reihe Merz 1923–1932. Hgg. v. Ursula Kocher, Isabel Schulz, Kurt und Ernst Schwitters Stiftung in Kooperation mit dem Sprengel Museum Hannover, bearbeitet von Annkathrin Sonder und Antje Wulff unter Mitarbeit von Carmen Prüfer. Berlin, Boston: De Gruyter 2019 (= Kurt Schwitters: Alle Texte; 4), S. 797–816.
  • Holland Dada. In: Kurt Schwitters. Die Reihe Merz 1923–1932. Hgg. v. Ursula Kocher, Isabel Schulz, Kurt und Ernst Schwitters Stiftung in Kooperation mit dem Sprengel Museum Hannover, bearbeitet von Annkathrin Sonder und Antje Wulff unter Mitarbeit von Carmen Prüfer. Berlin, Boston: De Gruyter 2019 (= Kurt Schwitters: Alle Texte; 4), S. 817–835.

Vorträge


  • 03/2011: Wie Schwitters neu edieren? Beispiele aus den Notizbüchern (zusammen mit Julia Nantke) – Internationale Tagung „Transgression und Intermedialität. Die Texte von Kurt Schwitters“, Sprengel Museum Hannover
  • 04/2012: Projektvorstellung „Wie Kritik zu Kunst wird – Kurt Schwitters’ Strategien der produktiven Rezeption“ (zusammen mit Julia Nantke) – Workshop „Digitale Editionen“, Interdisziplinäres Zentrum für Editions- und Dokumentwissenschaft, Bergische Universität Wuppertal
  • 03/2017: Kurt Schwitters’ intermediale Netzwerke der Avantgarde – Die Reihe Merz (1923–1932) und Merz-Drucksachen (zusammen mit Annkathrin Sonder) – Erstes FuD-Nutzertreffen, Universität Trier
  • 05/2017: Intermediales Edieren. Phänomene aus der ‚Editionswerkstatt‘ (zusammen mit Annkathrin Sonder) – Workshop „Möglichkeiten des intermedialen Edierens. Kurt Schwitters’ Merzhefte im Kontext von Künstlerzeitschriften und Typografie der Avantgarde“, Sprengel Museum Hannover
  • 07/2017: Kurt Schwitters’ Reihe Merz (1923–1932) (zusammen mit Annkathrin Sonder) – Vortrag im Rahmen des Seminars „Buchdruck, Typographie und Materialität des Buches“ (Dr. Thomas Rahn), Bergische Universität Wuppertal.
  • 06/2017: Rechaotisierungen? Komplexität und nichtlineare Dynamiken im Werk von Kurt Schwitters – Editionswissenschaftliches Kolloquium des Graduiertenkollegs Dokument – Text – Edition, Bergische Universität Wuppertal
  • 07/2018: „I can only once in a life do a Lautsonate“. Kurt Schwitters’ Ursonate als editorische Herausforderung – Interdisziplinäre Fachtagung „Kritische Audio-Edition“, Bergische Universität Wuppertal in Kooperation mit dem Musil-Institut/Kärntner Literaturarchiv der Universität Klagenfurt
  • 07/2019: Intermediales Edieren. Fallbeispiele aus der ‚Editionswerkstatt‘ (zusammen mit Annkathrin Sonder) – Internationales Symposium „100 Jahre Merz. Kurt Schwitters – Von Hannover in die Welt“, Sprengel Museum Hannover

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